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Montag, 9. März 2009

Reise nach Bagdad und Kirkuk während des Irak-Iran Krieges 1981


Reise nach Bagdad und Kirkuk während des Irak-Iran Krieges 1981

Während des Krieges 1980-1988 zwischen den Nahoststaaten Irak und Iran, reiste ich am 06.Juni 1981 beruflich, auf absolut freiwilliger Basis, in den Irak. Erst mußte ich diverse Aufträge in Bagdad erledigen, um dann weiter in den Norden des Irak, nach Kirkuk, zu reisen.
In Kirkuk sollte von mir eine Großbäckerei-Anlage für Hartkekse aufgebaut und in Betrieb genommen werden. Der Auftrag war dringend, da es sich um Produkte für die irakische Armee handelte. Während dieses Krieges hielten sich sehr wenige ausländische Fachkräfte im Irak auf.
Beginnen möchte ich diesen Bericht mit der Anreise in einer Iraqi-Airways Boing 747.
Ich bestieg die 747 am 06.06.1981 am Nachmittag in Frankfurt/Main. Es handelte sich um eine
Kombi-747, der fordere Teil für Passagiere und der hintere Teil für Cargo. Das wurde so eingerichtet, da das Passagieraufkommen sehr gering war, obwohl die Strecke nur einmal wöchentlich bedient wurde und keine anderen Fluggesellschaften den Irak anflogen.
Die Abflüge der Iraqi-Airways von Deutschland aus wurden immer in den Nachmittag verlegt, da im Irak, während Tageslicht, kommerzielle Flüge von der irakischen Regierung untersagt waren.
Nach Abflug von Frankfurt Rhein/Main verlief alles wie auf anderen Flügen auch. Die Flugroute
führte über Wien, Belgrad, Sofia, Istanbul, Konya, Zypern, Beirut und Damaskus bis zur irakischen Grenze.
Als wir in uns dem irakischen Luftraum näherten, kam eine Durchsage des Piloten alle Fenster zu schließen, das Licht zu löschen und bis nach der Landung auf dem Saddam International Airport so zu belassen.
Des Weiteren gab er bekannt, dass von nun an das Flugzeug ohne die sonst übliche Positionsbeleuchtung, Innenbeleuchtung und Transponderkennung fliegen würde.Er sagte noch, dass kurz vor der Landung erst die Flughafenbefeuerung aktiviert würde. Also ein Flug in absoluter Dunkelheit. So etwas hatte ich bisher noch nicht erlebt.
Als Grund wurde die Gefahr eines Angriffes durch Iranische Kampfjets angegeben, sehr aufregend, oder doch eher beängstigend? Na ja, ich war Mitte 20 und dachte mir gehört die Welt.
Als der Anflug auf Bagdad begann, öffnete ich trotz des Verbotes das Fenster einen winzigen Spalt.
Ich konnte sehen, wie tatsächlich kurz vor der Landung die Flughafenbefeuerung angeschaltet
wurde und nach dem Aufsetzen der 747 sofort wieder gelöscht wurde.
Der Flughafen lag in absoluter Dunkelheit. Alle Fenster der Flughafengebäude waren mit Vorhängen abgedunkelt.
Nachdem ich das Flugzeug verlassen hatte und in das Flughafengebäude kam war dort eine sehr gedämpfte Beleuchtung und die Stimmung war ähnlich.
Ich verließ das Gebäude und begab mich zu einem Taxistand um in die Stadt zu fahren.
Trotz Dunkelheit fand ich ein Taxi mit dem ich nach Bagdad fuhr. Die City liegt circa 16km
vom Flughafen entfernt.
Auf dem Weg dorthin gab es keine Straßenbeleuchtung und selbst die Ampelanlagen waren
abgeschaltet. Das Taxi von mir und auch alle Fahrzeuge die uns begegneten hatten ihre
Scheinwerfer schwarz eingefärbt und nur mittig einen schmalen Schlitz der Licht durch ließ.
Alle Gebäude, wie Wohnhäuser und Tankstellen, Einkaufscentren und Hotels lagen in Dunkelheit.
Es war ein ganz unwirkliches Gefühl, dass ich nie zuvor irgendwo sonst so erfahren hatte.
Es gab auch kaum Leben in der Stadt, wenige Menschen waren zu sehen. Jeder kam nur heraus
wenn es unbedingt nötig war.
Nachdem ich mein Hotel, mitten in der Stadt, erreicht hatte checkte ich ein und begab mich auf mein Zimmer im 10.Stockwerk. Ich schlief nicht wirklich gut, war wohl zu aufgeregt, ob der ungewöhnlichen Situation.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, ging ich als erstes auf meinen Balkon um einen Blick auf
die Stadt zu werfen.Ich wollte meinen Augen nicht trauen was ich da sah.Um die ganze Stadt
herum waren orangefarbene, große Fesselbaloons aufgelassen. Sie hatten die Form von Werbeblimbs und hingen in etwa 50m Höhe an Seilen befestigt, hunderte waren zu sehen.
Die Iraker versuchten damit Iranische Tiefflieger aufzuhalten. So etwas kannte ich nur aus Dokumentationen über den 2.Weltkrieg, als unsere Städte aus dem selben Grund geschützt
wurden.
Es ist aber schon etwas ganz anderes wenn es einem im wirklichen Leben begegnet.
Tagsüber erledigte ich einige Aufgaben in der Stadt und sah mich auch ein wenig um.
Es ist erschreckend anzusehen wie eine Millionenstadt, im Ausnahmezustand, nein im Kriegszustand, ihre Funktion aufrecht zu erhalten sucht. Den Menschen denen man begegnet
haben alle einen sorgenvollen Gesichtsausdruck und sind auch im Umgang sehr kurz angebunden.
Eigentlich kommt dadurch das sonst normale Stadtleben zum Erliegen. Allerdings war sonst,
bis auf Stimmung und Abwehrbaloons, wenig vom Krieg zu spüren.
Halbwegs beruhigt bereitete ich mich auf meine zweite Nacht vor, am 07.06.1981. Es war so gegen 18.30Uhr Ortszeit als auf einmal draußen ein fürchterliches Getöse und Geknalle anhob.
So schnell ich konnte, lief ich, aber doch vorsichtig, auf den Balkon meines Zimmers.
Ich konnte kaum fassen was ich dort beobachteten musste, rundherum wurde in alle Richtungen in den Himmel geschossen. Mit Flakabwehrbatterien, Maschinengewehren und
Flugabwehrraketen.
Überall waren die hellen Garben der Leuchtspurgeschosse zu sehe.Dazwischen die Lichtfinger
von sehr starken Flakscheinwerfern die den Himmel absuchten. Das kannte ich bisher nur aus alten Wochenschauen.
Fliegeralarm-Sirenen waren überall zu hören, wie im Testfall bei uns zu Hause.Es handelt sich dabei um einen auf-und abschwellenden Ton der schon im Übungsfall eine Gänsehaut erzeugt.
Lauter Alarm drang auch von Fahrzeugen der Rettungs-und Ordnungskräfte nach oben.
Ich dachte, jetzt geht's los.
Oh, oh, zur falschen Zeit am falschen Ort, ging mir durch den Kopf. War das der Beginn des Angriffes der Iraner auf Bagdad. Was sollte ich nun machen? Weglaufen, wohin? Ich war wie paralysiert und blieb auf meinem Balkon und harrte der Dinge die da kommen. Der ganze Spuk dauerte so etwa eine Stunde und dann trat wieder, bis auf vereinzelte Aktionen, Ruhe ein. Ich ging zur Rezeption des Hotels und fragte was los sei.
Dort war ein heilloses Durcheinander und keiner konnte eine vernünftige Auskunft geben.
Dann kam mir in den Sinn, den Vertreter meiner Firma anzurufen. Gesagt, getan es klappte auch nach einigen Versuchen.
Ich fragte ob er wüsste was los sei. Er berichtete mir, dass er etwas von einem Luftangriff auf
eine Anlage außerhalb Bagdads gehört hätte. Aber er konnte nichts genaues erfahren und mich,
sobald er mehr wüsste, benachrichtigen.
Am nächsten Tag machte ich mich auf den Weg in unser Büro und erfuhr dort was sich in der
letzten Nacht ereignet hatte.
Eine Staffel, bestehend aus F15/F16 Kampfjets, der israelischen Luftwaffe hatte den irakischen
Atomreaktor Osirak angegriffen und bombadiert. Die Anlage liegt circa 25km von Bagdad entfernt. Sie wurde total zerstört und dieser Einsatz wurde weltweit als ein Husarenstück der israelischen Armee angesehen.
Ich war einigermaßen beruhigt, die Iraner waren noch nicht auf Bagdad vorgerückt. Mir viel schon ein Stein vom Herzen.
Einen Tag nach diesen Vorgängen verließ ich Bagdad und und begab mich per Taxi in Richtungen Kirkuk. Die Stadt liegt im Norden des Iraks, inmitten des Kurdengebietes, ca.250km von Bagdad entfernt. Um diese Stadt herum liegen Ölfelder, die zu den ergiebigsten Vorkommen der Erde zählen.
Die Fahrt ging durch die Ortschaften Al A'Zamiyah – Ba'qubah - Al Khalis - Chay Khanah - Tuz Khurmatu – Tawuq. So alle 50km wurde die Fahrt unterbrochen, da die irakische Armee Checkpoints eingerichtet hatte. Dort wurden die Papiere kontrolliert und das Fahrzeug durchsucht.
Unterwegs begegneten uns oft Autos mit großen Holzkisten auf dem Dach. Ich fragte meinen Fahrer was in den Kisten sei. Er antwortet mir, dass dies Särge sind und gefallene Soldaten der irakischen Armee durch Angehörige von den Frontlinien abgeholt würden. Sehr makaber, mir lief schon ein gehöriger Schauer über den Rücken.
Die Landschaft zwischen Bagdad und Kirkuk ist sehr eintönig,sie besteht hauptsächlich aus steiniger Wüste, in der es sehr wenige Ortschaften gibt. Flimmernde Hitze liegt über dem Land
und erzeugt wabernde Spiegelungen auf der Straße, großen Seen gleich.
Auffällig waren die großen, umzäunten Plätze auf denen hunderte neuer Lastwagen standen,
gefolgt von weiteren Plätzen mit Baggern, Bulldozern und Baumaschinen aller Art.Vor dem
Krieg importiert und bezahlt mit Petrodollars. Bei nur 10% relativer Luftfeuchtigkeit und sehr seltenem Regen werden sie für längere Zeit keinen Schaden nehmen.
Da das wirtschaftliche Leben in Folge des Krieges fast zum Erliegen gekommen ist,werden
diese Fahrzeuge nicht gebraucht. Außerdem gibt es kaum Arbeitskräfte die diese Fahrzeuge
bewegen, da sie sich fast ausschließlich aus Indern und Pakistanern rekrutieren und wegen des
Kriegszustandes nicht im Lande sind.
Endlich nach 6 Stunden Reisezeit erreichten wir Kirkuk und ich bezog mein Hotel im Zentrum
der Stadt. Das Zimmer lag im vierten Stock,mit Aussicht Richtung Nordwesten.
Tagsüber war das Treiben in der Stadt relativ normal, die Leute gingen ihren Geschäften in fast
gewohnter Weise nach. Das Warenangebot war allerdings, als Folge des Kriegszustandes, recht dürftig.
Abends wurde alles total abgedunkelt. Vor allen Läden hingen dunkle Stoffvorhänge und innen brannten nur kleine Funzeln.
An einem Bäckerladen gab es ganz frisches, im Kugelofen zubereitetes, Fladenbrot. Ein Genuss,
sollte jeder unbedingt probieren, bei einer Reise durch arabische Länder.
Mit der Hoffnung, eine ruhige Nacht zu verbringen, ging ich schlafen. Am Morgen stellte ich beim Frühstück fest, dass es nicht sehr viel Auswahl gab.Toast, Marmelade und Kaffee, das war's.
Auch wieder eine Grenzerfahrung, wo es doch bei uns zu Hause alles im Überfluss gibt.
Nach den Frühstück wurde ich von einem Fahrzeug meines Auftraggebers abgeholt. Die Firma
lag circa 20km außerhalb der Stadt.
Ich wurde vom Besitzer herzlich, in gebrochenem Englisch, begrüßt. Danach besprachen wir die
Arbeitsabläufe und ich bekam mehrere Mitarbeiter. Der Besitzer der Firma erklärte seinen Leuten was tun ist. Ich verstand natürlich nichts, ich merkte nur, sie sprachen kein Arabisch.Eigenartig.
Später stellte sich heraus,dass es sich um Türkisch handelte.
Das war schon einigermaßen überraschend für mich. Nach einigen Gesprächen erfuhr ich,
im Irak, hauptsächlich um Kirkuk herum, exsistiert eine türkische Enklave.Im Zuge der Wirren, während des Untergangs des osmanischen Reiches um 1923, blieben im Gebiet um Kirkuk herum viele Türken zurück und richteten sich dort dauerhaft ein, bis heute.
Die Arbeiten begannen mit dem Entpacken der Maschinen und Anlagen.
Während des Tages viel mehrmals die Stromversorgung aus und die Arbeit kam größtenteils zum Erliegen. Das ist ganz normal, sagten meine Mitarbeiter, da müsse man mit leben.Später sollte ich auch erfahren, warum die Energieversorgung ausfiel.
Zurück im Hotel, erst 'mal unter die Dusche.Wasser aufgedreht, eingeseift und plötzlich nur noch ein Rinnsal aus dem Duschkopf. Dann gar kein Wasser mehr, weder kalt noch warm. Ich dachte, dass wird schon wieder aber Pustekuchen, nichts mehr, Schluss mit Lustig.
Eben den Körper trocknen lassen und dann mit dem Handtuch alles abrubbeln, fertig.
Während meines gesamten Aufenthaltes in Kirkuk hatte ich mit diesem Problem zu tun, 'mal ging's 'mal nicht.
Auch bereitet die sehr niedrige Luftfeuchtigkeit, von 10% relativer Feuchte, unangenehme Hautprobleme. Der Haut kann beim Austrocknen zugesehen werden. Ohne Cremes wird sie
rissig und platzt auf. Nachdem mein Vorrat an Cremes erschöpft, war musste ich auf Margarine
zurückgreifen, sehr unangenehm, aber immer noch besser als zu vertrocknen.
Mit der Stromversorgung des Hotels verhielt es sich genauso wie in meiner Firma. Immer wieder Totalausfälle.Man gewöhnt sich aber an alles und muss improvisieren können.
Nun ging es ans Aufbauen der Maschinen und der dazugehörigen Anlagen.Dies ging trotz widriger Umstände, wie Stromausfälle, Wassermangel und Materialschwierigkeiten, recht zügig voran.
Am Ende des Tages ging es wieder zurück ins Hotel und ich musste mich weiterhin mit der
ungenügenden Versorgungslage arrangieren. Es kam schon soweit, dass es noch nicht 'mal etwas zu trinken gab, außer Wasser, dass sandige Ablagerungen im Glas hinterließ.
Dann musste schon 'mal eine Flasche französischer Champagner, die Flasche damals für 100DM, herhalten. Dieses Getränk war noch aus besseren Zeiten, glücklicherweise, übrig geblieben.
Die Kosten dieser extravaganten Versorgung übernahm der Chef meiner irakischen Firma.
Ab und zu wurde auch Bier in die Stadt geliefert und auf diverse Hotels verteilt. Dann war es
angesagt sich schnell einen kleinen Vorrat zu sichern.Es handelte sich um von Irakern gebrautes
Bier, mit dem ungewöhnlichen Namen ''Lulu'', der in der deutschen Umgangssprache, mit flüssiger Hinterlassenschaft kleiner Kinder belegt ist. Allerdings, hatte das Bier nur diesen Namen, aber nicht den Geschmack, angenommen.
Nach getaner Arbeit und kärglichem Abendessen bin ich oft, mit einer der wertvollen Flaschen Bier, auf das Flachdach des Hotels gestiegen und habe ob der totalen Dunkelheit den einzigartigen Sternenhimmel beobachtet. Diese Erfahrung gibt es sonst nur noch auf See, in Wüsten oder eben in Kriegsgebieten.
Wie man sieht, kann allen Widrigkeiten doch noch etwas Positives abgewonnen werden.
Doch eines Nachts wurde ich wieder durch dieses durch Mark und Bein gehende, auf-und
abschwellende Sirenengeheule, geweckt. Fliegeralarm, nicht schon wieder. Ich, raus auf den Balkon und den Himmel beobachtet, nichts zu sehen. Dann aber hörte ich in einiger Entfernung Flugzeuggeräusche, in dem Ton den nur hochgezüchtete Kampfjets mit ihren Nachbrennerdüsen erzeugen. Es folgten Explosionen mit anschließend sichtbaren, blutroten Feuerbällen. Geräusche berstender Metallkonstruktionen und brechender Betonteile war deutlich zu vernehmen.
Massives Abwehrfeuer, unter Beleuchtung der Flakscheinwerfer, der irakischen Verteidigung setzte ein und die Sirenen der Rettungskräfte waren zu hören.
Es spielte sich, glücklicherweise, alles außerhalb der Stadtgrenzen ab, nach kurzer Zeit trat wieder Ruhe ein und der Spuk war zu Ende. Ich wartet noch ein Weilchen, aber es blieb ruhig. Ich ging wieder einmal zur Rezeption des Hotels und mir wurde mitgeteilt, dass im Moment nichts zu Befürchten sei, die Iraner würden nur Ziele außerhalb der Städte angreifen.
Das wiederholte sich fast Nacht für Nacht und, es ist kaum zu Glauben, es tritt eine gewisse Gewöhnung ein.
Wenn ich morgens zur Fabrik fuhr, kamen ich an Anlagen vorbei, die in der Nacht unter Beschuss geraten waren und teils ziemlich zerstört waren. Meistens waren schon Arbeitstrupps der Iraker bei der Arbeit, um den Wiederaufbau zu organisieren.
Es handelte sich bei den zerstörten Anlagen oft um elektrische Umspannstationen, was dann auch die häufigen Stromausfälle erklären würde. Des Weiteren waren Anlagen der Ölindustrie betroffen, wie Pumpstationen, Raffinerien und Öllager. Der Aufbau dieser Anlagen fand größtenteils nur provisorisch statt, da kaum ausländische Techniker im Lande waren.
Der Aufbau der Hartkeksanlage ging zügig voran und war soweit bereit um die ersten Tests zu
fahren. Die Anlage wurde von mir und meinem einheimischen Team soweit eingefahren, dass mit Teig die ersten Versuche anstanden. Es ging aber nicht weiter, weil unser Verfahrenstechniker noch auf sein Einreisevisum wartete.

Der Chef der Firma, organisierte nach Abschluss dieser Arbeiten, eine Einweihungsfeier nach
islamischem Ritus. Vier ausgewachsene Hammel wurden geschächtet und die Häupter der Tiere
wurden, auf die vier Himmelsrichtungen verteilt, an den Ecken des Hallengeländes, vergraben.
Das war sehr feierlich, mit islamischer Musik, Gesang und Suren aus dem Koran,vorgetragen
von mehreren Mullas.
Danach gab es ein Festmal an dem alle Mitarbeiter, deren Familien und ich,teilhatten.
Danach hatte ich Leerlauf, diesen nutze ich um, auf Bitte des Chefs, diverse Zusatzmaschinen
anderer Hersteller aufzubauen und in Betrieb zu nehmen. Ihm kam es ganz gelegen, denn kein Techniker dieser Firmen hielt sich im Irak, auf Grund des Krieges, auf. Dann kam ein Fax von meiner Heimfirma, in dem ich unterrichtet wurde, dass der Verfahrenstechniker noch in einem
anderen Land festsitzt.
Bei mir war nun die vierte Woche angebrochen und es ging nicht weiter. Nun muss aber auf eine
Besonderheit des irakischen Aufenthaltrechts hingewiesen werden. Nach Ablauf von vier Wochen musste beim irakischen Außenministerium ein Ausreisevisum beantragt werden. Das war aber mit dem Einverständnis des irakischen Kunden verknüpft und da die Anlage nicht übergeben war,hätte er dieses Einverständnis nicht unterzeichnet.
Ich war jetzt in einer misslichen Lage, den Auftrag während dieser letzten Woche abzuschließen,
war wegen des fehlenden Technikers unmöglich.
Also musste ich so schnell wie möglich ausreisen um nicht der Willkür der Iraker ausgeliefert zu sein. Ich rief meinen Vertreter in Bagdad an, um in zu bitten mir einen Flug zu reservieren. Am nächsten Tag erhielt ich eine niederschmetternde Antwort, die wenigen Flüge raus aus dem Irak waren total überbucht und auch die Wartelisten waren endlos.
Also, auf diesem Weg, keine Chance. Ich erfuhr über meinen Vertreter, dass in Bagdad eine
Industriemesse stattfand. Ich sollte mich dort einfinden, eventuell sei eine Ausreise über den
Landweg dort zu organisieren.
Am Morgen des letzten Tages meines vierwöchigen Visums, traf ich in Bagdads Messegelände ein.
Mein Vertreter erwartete mich schon mit einer relativ guten Nachricht.Zwei Fluggesellschaften,
Lufthansa und Swissair, hatten einen Busservice eingerichtet, da sie im Irak nicht fliegen durften.
Die Verbindung ging von Bagdad über Ar Rutbah, an der irakisch-jordanischen Grenze, nach
Amman in Jordanien. Das sind 13 Stunden Fahrzeit, circa 1000km quer durch die Wüste. Keine
sehr berauschende Vorstellung, aber immer noch besser als im Irak fest zuhängen.
Gesagt, getan, am Nachmittag gegen 15 Uhr begann dieses Abenteuer. Ich hatte noch genau neun Stunden bis zum Verfall meines Visums. Mir wurde aber versichert, dass es locker, in dieser Zeit, bis über die Grenze zu schaffen sei.Was sollte ich machen, ich war dem ausgeliefert und musste mich meinem Schicksal beugen und hoffen, dass alles gut gehen würde.
Insgesamt waren wir 25 Teilnehmer unterschiedlicher Nationalität, die einen modernen Reisebus der Lufthansa bestiegen.
Unsere Papiere wurden noch überprüft und es wurden uns 1,5 Liter Trinkwasser und zwei kleine, verpackte Sandwiches übergeben. OK, nicht viel für so eine lange Reise, aber unterwegs gibt’s bestimmt noch Gelegenheit zum Einkauf, dachten wir.
Dann ging es los, bei brütender Hitze. Man muss wissen, im Irak herrschen, im Sommer, bis zu 50 Grad C im Schatten. Die Klimaanlage des Busses schaffte so eben das Innere auf angenehme! 30 Grad C zu kühlen. Da stand uns eine tolle Fahrt bevor.
Von Bagdad aus führte uns die Route über Al Falluja-Al Habbaniyah-Ar Ramadi-Toliahah zur
Grenzstation Ar Rutbah. Wüste soweit das Auge reicht, bis zum Horizont ist nichts als Sand in
brütender Hitze liegend. Ab und an erscheint eine Fatamorgana über der weiten Landschaft und gaukelt einem Ortschaften oder Oasen vor. Das Gefühl der Weite, dass einem vermittelt wird, ist auf die eine Art faszinierend, auf die andere Art aber auch bedrückend, da wir den Umgang mit derartiger Leere einer Landschaft aus Europa nicht kennen.
Wir erreichten die Grenze kurz vor 24 Uhr, knapp vor Ablauf meines Visums. Die Abfertigung der Grenze ging problemlos vonstatten, bis auf einen schiefen Blick des irakischen Beamten, ob meiner knappen Ausreise, gab es keine Komlikationen.
Das war sehr eng, ging mir durch den Kopf, noch 'mal Glück gehabt. Das hätte auch ins Auge
gehen können.
Außer Treibstoff für den Bus und Zigaretten gab es nichts zu kaufen an dieser Grenzstation
inmitten der Wüste. Auch die Betankung des Busses war abenteuerlich, keine Zapfsäulen weit und breit, nur mehrere Rohre mit Messeinrichtung, Schlauch und Zapfhahn lugten aus dem Sandboden.
Soweit die rudimäntärste Tankstelle, die ich jemals zu Gesicht bekam.
Bis Amman lagen nun noch circa 350km vor uns, eine Nachtfahrt, nicht mehr so heiß. Der Bus hielt unterwegs auch einmal mitten in der Wüste an. Wir konnten uns die Beine vertreten und waren überwältigt von der Schönheit des Sternenhimmels, der mangels Licht im Umkreis von hunderten von Kilometern, in voller Pracht zur Geltung kam. Auch die Stille war beeindruckend, kein Ton ist zu hören, absolut ruhig.
Ein unvergessliches Erlebnis, dass ein wenig die Strapazen der ungewöhnlichen Reise vergessen ließ.
So langsam gingen unsere kargen Vorräte aus und es blieben nur noch Zigaretten übrig.
Jetzt hieß es tapfer, bis zum bitteren Ende, durchhalten.
Der Hals trocken, der Magen knurrend, verschwitzt und müde, trafen wir dann nach insgesamt 13 Stunden Reisezeit im heißen, staubigen Amman, Jordaniens Hauptstadt, ein.
Der Bus hielt vor dem Amman Intercontinentel, einem Hotel der Oberklasse. Dort hatte die Lufthansa ein umfangreiches Büffet anrichten lassen.
Wie in Reinhard Mays Song, die Schlacht am kalten Büffet, stürmten wir mit hängenden Mägen
das Selbe und machten ihm den Garaus.
Danach war Duschen angesagt und ein kurzes, intensives Nickerchen und schon ging es zu
Ammans International Airport. Noch ein Flug mit Zwischenstopp in Damaskus, der Hauptstadt Syriens und endlich stand ich wieder auf sicherem, deutschem Boden.
Zu Hause, endlich.
Noch einmal habe ich die gleiche Reise auf mich genommen, um die Arbeit im Irak, nun mit einem Verfahrenstechniker, abzuschließen.


http://en.wikipedia.org/wiki/Operation_Opera Alle Infos über den Angriff auf Osirak